Wenn du nicht lernen willst, kann dir niemand helfen.
Willst du aber lernen, kann niemand dich aufhalten.
Friedliche Lösung von Alltagskonflikten
Für unsere Schülerinnen und Schüler im 3. Schuljahr bieten wir seit dem Schuljahr 2021/2022 die Streitschlichter AG an. In der Streitschlichter AG lernen die Kinder Streit zu vermeiden und anderen Kindern dabei zu helfen, ihren Streit selbst zu lösen, ohne dass sich ein Erwachsener einmischen muss.
Die Streitschlichter*innen werden praktisch aktiv auf unseren Schulhöfen und neue Drittklässler werden in der AG ausgebildet.
Leitung:
Heike Hildebrand
Ausbildung von Streitschlichterinnen und Streitschlichtern
an der Grundschule Köppern
Konzept
Konflikte zwischen Schülerinnen und Schülern gibt es täglich, ob auf dem Schulweg, in den Pausen oder auch im Unterricht. Problematisch wird es, wenn sie keine konstruktive Lösung finden und es zu körperlichen oder verbalen Verletzungen kommt. Nicht immer ist das Eingreifen und Schlichten durch Erwachsene notwendig. Viele Auseinandersetzungen können auch zwischen den Schülerinnen und Schülern geklärt werden. Hierbei sind insbesondere Lernende, die zu Streitschlichterinnen und Streitschlichtern ausgebildet wurden sehr hilfreich. Sie sprechen die Sprache ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler und begegnen ihnen auf Augenhöhe. Dabei entwickeln sie eine besondere Empathie und erfahren eine hohe Akzeptanz durch ihre Mitlernenden.
An der Grundschule Köppern werden seit dem Schuljahr 2021/2022 Schülerinnen und Schüler der 3. Klassen, auf Grundlage einer freiwilligen Teilnahme an der StreitschlichterAG, über das gesamte Schuljahr zu Streitschlichterinnen/Mediatorinnen und Streitschlichtern/Mediatoren ausgebildet. Einmal in der Woche treffen sich die AGTeilnehmerinnen und Teilnehmer nach dem regulären Unterricht, um gemeinsam ein Sozialkompetenztraining zu absolvieren.
Ziel
Ziel der Streitschlichter-AG ist die Lernenden als Mediatorinnen und Mediatoren zu qualifizieren, die bei Konflikten zwischen Mitschülerinnen und Mitschülern vermittelnd eingreifen und sie bei einer Lösungsfindung unterstützen. Die Streitschlichterinnen und Streitschlichter begleiten und leiten die Schlichtungsgespräche. Sie sind fair und neutral und bringen keine eigene Meinung ein. Auch die Lösungsvorschläge sollen von den Streitparteien selbst entwickelt werden.
Nach erfolgreicher Teilnahme an der AG sind die Viertklässlerinnen und Viertklässler paarweise als Streitschlichterinnen und Streitschlichter in den Pausen auf dem vorderen und hinteren Schulhof unterwegs. Um für alle in ihrer Funktion erkennbar zu sein, tragen sie neongrüne Streitschlichterwesten.
Inhalte der Ausbildung
Die erste Herausforderung besteht für die Schülerinnen und Schüler, die aus mehreren Parallelklassen kommen, darin zu einer AG-Gemeinschaft zu wachsen. Spiele zum gegenseitigen Kennenlernen und das Anfertigen von Steckbriefen unterstützen diesen Prozess.
Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist sehr wichtig, denn die Lernenden sollen später paarweise in wechselnder Besetzung während der Pausen auf den Schulhöfen präsent sein und als eingespieltes Team agieren. Weitere inhaltliche Schwerpunkte bestehen in dem Erlernen des fünfstufigen Mediationsstufenmodells und der Gesprächsregeln, als Grundlage eines ritualisierten Streitschlichtungsverfahrens.
Die Schülerinnen und Schüler lernen die „Gewaltfreie Kommunikation“ (Marshall Rosenberg) und bringen diese in ihre Streitschlichtungsgespräche ein. Das Modell der „Friedensbrücke“ dient ihnen zum Visualisieren der 5 Mediationsstufen. Sie lernen die Gespräche mittels Erzählstein zu leiten (sprechen darf, wer den Erzählstein hält; Erzählstein geht immer wieder zurück zur Mediatorin/zum Mediator) und gezielt Fragen zu stellen. Um sich besonders gut in die Gefühlslage der Streitparteien einfühlen zu können, lernen sie die Vielfalt der Gefühle kennen, setzen sich mit ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen auseinander und üben sich darin sie zu benennen. In Rollenspielen stellen sie Konfliktsituationen nach und üben die erlernten Streitschlichtungsstrategien.
Im zweiten Halbjahr ihrer Ausbildung begleiten sie die bereits fertig ausgebildeten Streitschlichterinnen und Streitschlichter der 4. Klassen bei deren Einsätzen in den Pausen, um Schlichtungen zunächst zu beobachten und zum Ende des Schuljahres zunehmend mehr eigenverantwortlich durchzuführen. In den darauffolgenden AG-Stunden wird deren Umsetzung und Erfolg gemeinsam evaluiert.
Ablauf eines Mediationsgesprächs
Vor Beginn des Schlichtungsgesprächs fragen die Streitschlichterinnen und Streitschlichter die Streitparteien, ob sie an einer Klärung mitarbeiten möchten. Nur wenn beide Parteien dies bejahen kann die Streitschlichtung beginnen.
Die 5 Mediationsstufen
Im Anschluss durchläuft das Streitschlichtungsgespräch 5 Stufen:
1. Regeln erklären
2. Was ist geschehen?
3. Wie hast du dich dabei gefühlt?
4. Was wünschst du dir?
5. Lösung
1. Mediationsstufe: Gesprächsregeln
1. zuhören und ausreden lassen
2. ehrlich sein, nicht lügen
3. keine Schimpfwörter, Beleidigungen oder Beschuldigungen
4. Erzählstein beachten
Im Anschluss muss zunächst geklärt werden, wer anfangen darf zu berichten, ggf. wird gelost.
Nacheinander haben dann die Streitparteien die Möglichkeit auf der…
…2. Mediationsstufe zu erzählen, wie sie das Geschehene erlebt haben
…3. Mediationsstufe zu berichten, wie sie sich dabei gefühlt haben
…4. Mediationsstufe ihren Wunsch zu äußern und
…5. Mediationsstufe sollen beide Streitparteien zu einer gemeinsamen Lösung finden.
Die Streitschlichterinnen und Streitschlichter wiederholen und spiegeln das Gesagte und fragen die jeweils andere Streitpartei wie sie die Äußerungen verstanden hat.
Streitschlichtungen finden meist in den Pausen auf den Schulhöfen statt. Manchmal ist aber die Pausenzeit nicht ausreichend. Daher besteht die Möglichkeit, dass die Streitparteien mit den Streitschlichterinnen und Streitschlichtern einen Schlichtungstermin in einer späteren Pause vereinbaren, um die Schlichtung voranzubringen und mit einer Lösung abzuschließen.
Schülerinnen und Schüler, die außerhalb der Pausen in Konflikte geraten und sich eine Schlichtung durch die Streitschlichterinnen und Streitschlichter wünschen, können einen Zettel mit ihren Namen, Klassen und Streitthema in den Streitschlichter-Briefkasten neben dem Diff.-Raum im 1. Stock werfen.Die Streitschlichterinnen und Streitschlichter leeren ihn regelmäßig und melden sich bei den Streitenden, um mit ihnen einen Schlichtungstermin in einer Pause zu vereinbaren.
Die Streitschlichterinnen und Streitschlichter informieren die jeweiligen Klassenlehrkräfte schriftlich über die vereinbarten Schlichtungstermine in den Pausen im Diff.-Raum.
Mediationsgespräche im Diff.-Raum werden protokolliert. Am Ende wird von beiden Streitparteien ein Vertrag unterschrieben, der die gemeinsam gefundene Lösung dokumentiert. Zudem kann ein Folgetermin vereinbart werden, damit die Streitparteien gemeinsam mit den Streitschlichterinnen und Streitschlichter nach ca. 1-2 Wochen die gefundene Lösung evaluieren können.
Am Ende des 3. Schuljahres präsentieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Streitschlichter-AG das Erlernte anhand eines „Streitschlichter-Führerscheins“, der eine kurze Überprüfung der durchgenommenen Inhalte darstellt. Zum Abschluss erhalten alle eine Urkunde als Streitschlichterin/Mediatorin und Streitschlichter/Mediator.
Organisation der Pausen-Einsätze im 4. Schuljahr
Zu Beginn des 4. Schuljahres gehen die neuen Streitschlichterinnen und Streitschlichter in die neuen E1 Klassen, um sich vorzustellen und ihre Aufgabe zu erklären. Sie besuchen alle 2 Wochen, nach dem regulären Unterricht, das „Mediatoren-Meeting“. Hier werden die Einsatzpläne besprochen, von durchgeführten Streitschlichtungen berichtet und ggf. in Rollenspielen nachgestellt und analysiert.
Auch der Erfolg der Lösungsvereinbarungen soll evaluiert werden. Auf diese Weise profitiert jedes einzelne Mitglied von der Erfahrung der anderen.
Jede 4. Klasse bekommt eine „Streitschlichter-Box“, die eine neongrüne Weste für jede Streitschlichterin und jeden Streitschlichter der Klasse enthält. Zu Beginn ihres Einsatzes können sie sich eigenständig eine Weste nehmen, anziehen und nach der Pause ordentlich zurück in die Box legen. Der „Streitschlichter-Einsatzplan“ wird gemeinsam geplant und hängt für alle sichtbar im 1. Stock neben dem Diff.-Raum an der Wand. Er wird regelmäßig aktualisiert. Die Streitschlichterinnen und Streitschlichter sorgen möglichst eigenständig für Vertretung falls eine Teampartnerin/ein Teampartner nicht da ist.
In jeder Pause ist jeweils ein Streitschlichter-Paar auf dem vorderen und hinteren Schulhof unterwegs, so dass es zu bis zu 20 Streitschlichter-Einsätzen/Woche kommt.
Dieses Konzept befindet sich in permanenter Evaluation, Überarbeitung und Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen.
Friedrichsdorf, April 2024
Heike Hildebrand, UBUS-Fachkraft Leitung „Streitschlichter-AG“ und „Mediatoren-Meeting"